Eine Geschichte von Wandel und Vielfalt
Ein Blick auf das Wiener Konzerthaus
Von Simon Michael, Concerts Pamplona
Dieser Artikel beleuchtet die Geschichte des Wiener Konzerthauses, von den ersten Planungen bis zur wichtigen Rolle, die es heute in der Musik- und Kulturszene spielt – eine Geschichte, die von gesellschaftlichen Umbrüchen und künstlerischem Streben geprägt ist.
Der Drang nach einem neuen Konzertsaal
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Wien ein globales Zentrum für Musik und Kultur. Obwohl der Wiener Musikverein, der 1870 eröffnet wurde, als angesehenes Konzertgebäude diente, wurde der Bedarf an einem neuen, modernen Raum für musikalische Darbietungen immer dringlicher. Die schnell wachsende Bevölkerung der Stadt verlangte nach einem Ort, der nicht nur etablierten Künstlern, sondern auch einem breiteren Publikum offenstand. Diese Entwicklung spiegelte den gesellschaftlichen Aufbruch wider, denn neben dem traditionell wohlhabenden Bürgertum suchte auch die Arbeiterklasse nach Zugang zu Kunst und Kultur. 1908 wurde daher die Wiener Konzerthausgesellschaft gegründet, um ein vielseitiges Konzertgebäude zu schaffen.
Zunächst entwarf der Architekt Ludwig Baumann einen Mehrzweckbau, der neben Konzertsälen auch eine Freiluftarena für bis zu 40.000 Besucher enthalten sollte. Obwohl diese ambitionierten Pläne nicht vollständig verwirklicht wurden, nahm das Projekt Form an. Der eigentliche Bau des Wiener Konzerthauses begann im Dezember 1911 unter der Leitung der renommierten Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer. Diese kombinierten Elemente des Historismus und Jugendstils, um ein architektonisches Meisterwerk zu schaffen, das sowohl funktional als auch ästhetisch beeindruckend war.
Die Anordnung von drei Sälen – dem Großen Saal, dem Mozart-Saal und dem Schubert-Saal – ermöglicht es, diese gleichzeitig zu nutzen, ohne dass die Veranstaltungen sich gegenseitig stören. Die Grundsteinlegung im Jahr 1911 signalisierte den Beginn einer intensiven Bauphase, die bis zur feierlichen Eröffnung am 19. Oktober 1913 andauerte. Richard Strauss’ „Festliches Präludium“ und Beethovens 9. Sinfonie bildeten den festlichen Rahmen der Eröffnungsfeier und legten den Grundstein für die zukünftige Programmgestaltung. Von Anfang an war das Wiener Konzerthaus als kultureller Treffpunkt konzipiert, der für alle Schichten der Bevölkerung zugänglich sein sollte.
Der Kampf um die Kultur:
Das Wiener Konzerthaus in Krisenzeiten
Die Zwischenkriegszeit war für das Wiener Konzerthaus von tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbrüchen und finanziellen Krisen geprägt. Nach dem Zerfall der Monarchie 1918 spiegelten abwechslungsreiche Veranstaltungen, von klassischen Uraufführungen über Jazz- und Schlagerkonzerte bis hin zu literarischen Lesungen und sportlichen Wettkämpfen, die neuen gesellschaftlichen Strömungen wider. Das Konzerthaus entwickelte sich zu einem lebendigen Zentrum, das hohe Kunst und populäre Unterhaltungsformen miteinander verband.
Doch mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten 1938 führte der Druck des Regimes zu einer drastischen Umgestaltung des kulturellen Angebots. Unter dem Schatten der politischen Repression verlor das Konzerthaus zunehmend seine künstlerische Freiheit und wurde ein Propagandainstrument, das die Ideologie des Regimes unterstützte. In diesen Jahren war das Angebot stark eingeschränkt, und viele talentierte Künstler sahen sich gezwungen, ins Exil zu gehen.
Die Renaissance der Kultur:
Das Wiener Konzerthaus nach dem Krieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm das Wiener Konzerthaus eine zentrale Rolle in der Wiederbelebung des österreichischen Musiklebens. Es entwickelte sich schnell zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum, das Vielfalt und Zugänglichkeit förderte, um die während des Krieges entstandenen Lücken zu schließen. In den 1950er Jahren erweiterte das Konzerthaus sein Programm, um neuen gesellschaftlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Neue Formate und Veranstaltungen sprachen ein breiteres Publikum an und schufen einen lebendigen Raum für kulturelle Begegnungen.
In den 1960er Jahren wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, um seine architektonische Integrität zu bewahren und seine kulturelle Bedeutung zu sichern. Die internationale Präsenz des Konzerthauses wuchs ebenfalls, und ab den 1980er Jahren wurde das musikalische Angebot um diverse Genres erweitert.
Die Generalsanierung von 1998 bis 2001 sorgte dafür, dass das historische Gebäude modernen Anforderungen gerecht wurde und weiterhin als herausragende Veranstaltungsstätte fungieren kann.
Insgesamt spiegelt die Geschichte des Wiener Konzerthauses die reiche kulturelle Tradition Wiens wider und bleibt ein lebendiges Symbol musikalischer Exzellenz und kultureller Beständigkeit in einer sich ständig wandelnden Welt.
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